Mercedes Benz Diesel 100 – ein Klassiker, den in den 80er Jahren viele Menschen fuhren. Die Autos in Westafrika zu verkaufen, war mal ein lukratives Geschäft und die abenteuerliche Tour ging durch die Westsahara, am Meer entlang unter Beachtung der Gezeiten bis nach The Gambia am Atlantik.
2001, nach meiner Rückkehr von einer dreijährigen Reise in Asien, meldete ich mich auf eine Zeitungsanzeige hin. Die Route: über Frankreich, Spanien, Marokko, Mauretanien, Senegal bis nach The Gambia.
Peter aus München brachte regelmäßig Autos nach The Gambia, wo er ein kleines Unternehmen hatte. Er plante, mit mir mehrere Mitfahrer anzuheuern. Ein paar Tage vor der Abfahrt eröffnete er mir, dass die anderen abgesagt hätten. Da er eine Frau in München hatte, machte ich mir keine Sorgen darüber, allein mit ihm zu reisen. Wir wechselten uns mit dem Fahren ab und als ich einstieg sah ich, dass der Kofferraum voll war mit Benzinkanistern, Nähmaschinen, Fahrrädern und diversen Elektrogeräten, wie Kaffeemaschinen etc. Peter hatte vor, diese gegen Benzin zu tauschen. Mit der Fähre setzten wir von Spanien aus nach Tanger in Marokko über. In Fes übernachteten wir bei einem Freund von Peter und fuhren nach Dakhla, wo wir eine Art Lotsen anheuerten, der uns und mehrere andere Fahrzeuge auf unserer Fahrt durch die Westsahara begleitete, weil wir nach den Gezeiten am Strand entlang fuhren. Das Fahren war angenehm, wir erzählten uns viel, tranken abends viel Rotwein und übernachteten meist auf der Isomatte draußen oder auch mal in heruntergekommenen Unterkünften. In Mauretanien kamen wir in einen Sandsturm und meine Kamera bekam leider soviel Sand ab, dass die Sandkörner im Objektiv ‚quietschten‘.
Fast an jedem Ort, an dem wir hielten, merkte ich, dass Peter sehr scheu und total misstrauisch war, immer Angst vor den Einheimischen hatte und immer sofort weiterfahren wollte. Ich aber wollte den Kontakt zu den Menschen, fremdes Essen probieren, mir die Dörfer und die Natur anschauen und so stritten wir oft miteinander. Wir beide waren störrisch, ich bezahlte ja schließlich auch für das Benzin und wir hatten vor der Tour abgemacht, dass wir nicht nur fahren, sondern ich mir unterwegs auch Dinge anschauen darf. Andere Reisende, auch die, die im gleichen Konvoi durch Mauretanien mit uns fuhren, sahen in uns immer ein ungleiches Paar, was wir ja auch waren.
Kurz vor Dakar im Senegal eskalierte ein Streit und ich packte meinen Rucksack und stieg mitten auf einer Landstraße aus. Peter fuhr störrisch weiter und ich trampte und ließ mich bis nach Dakar mitnehmen, wo ich mich in einem Hostel einmietete. Als ich durch die Stadt lief auf der Suche nach etwas zu essen, sah ich Peter plötzlich von weitem und erschrak. Ich lief zurück Richtung Hotel und stolperte fast über lauter Kartons, die auf dem Gehsteig lagen. Leprakranke lagen dort überall. So etwas hatte ich noch in keinem Land zuvor gesehen, noch nicht einmal in Indien. Ich war entsetzt und kam total ernüchtert im Hostel an. Mit einem chaotischen Franzosen, der in Dakar lebte fuhr ich mit seinem Motorrad herum und wir erkundeten die Gegend.
Nach ein paar Tagen fuhr ich mit einem Bus Richtung Mali, weil ich unbedingt nach Timbuktu wollte. Lauter Straßensperren, an denen ich meine Papiere immer wieder zeigen musste und Bakschisch erwartet wurde. Ich war aber ziemlich gut im Aussitzen und musste meistens am Ende nichts zahlen und konnte weiter. Unterwegs traf ich Maria, eine Holländerin, mit der ich bei einer Familie in der Nähe von Segou unterkam und ein paar Tage die typisch malinesische Lebensweise kennenlernen durfte. Wir schliefen zusammen in einem Lehmzimmer mit den Kindern; im Hof wurde Mais und Hirse gestampft.
Mein nächstes Ziel war Mopti, wohin ich mit einer ‚Pinasse‚ (Holzboot) über den Niger mit zwei Amerikanern fuhr. An den beiden merkte ich, wie hilfreich es war, in der Schule Französisch gelernt zu haben. Die beiden verstanden rein gar nichts und waren froh, dass ich übersetzte.
Nach einer Übernachtung in Mopti, fuhren wir mit dem Bus zur Bandiagara Schlucht, wo wir den Stamm der Peul (deutsch: Fulbe) treffen wollten.
Adam, einer der beiden Amerikaner, hatte irgendetwas im Auge und litt vor sich hin. Wir besuchten die Dörfer, schliefen auf den Hausdächern unserer Gastgeber, auf die wir mit den traditionellen malinesischen Treppenstufen aus Holz hinauf krabbelten.
Es war alles so exotisch und genau nach meinem Geschmack. Auch zwei Jäger trafen wir oberhalb der Schlucht, die aussahen, wie aus einer anderen Welt.
Nach ein paar Tagen Aufenthalt fuhren wir zurück nach Mopti, wo wir einen Jeep klarmachten, der uns zunächst nach Djenné, wo eine der schönsten Lehmmoscheen steht, und anschließend nach Timbuktu bringen sollte.
Wir übernachteten in Djenné und fuhren nach zwei Tagen weiter nach Timbuktu, wo wir zunächst herumliefen und die Lehmbauten bestaunten, die Marktstände besuchten und eine Wüstentour in die Sahara machten, wo ich auch meinen Geburtstag feierte.
Ich war so beeindruckt von dieser fremdartigen Welt, dass ich sogar meinen 30. Geburtstag vergaß. Als ich in Timbuktu in einem Café saß, fragte mich ein Kubaner, ob ich mit zum ‚surfen‘ kommen möchte. Ich dachte erst, ich hätte mich verhört, aber er lachte und sagte: Komm einfach mit, ich zeige dir eine Überraschung. Neugierig wie ich war, stieg in in den wartenden Jeep ein und wir fuhren ans Ufer des Niger. Dort angekommen traute ich meinen Augen kaum. Vier weitere Kubaner fuhren mit einem Geländewagen das Ufer des Niger auf und ab, im Schlepptau ein langes Seil mit einem Surfer dran, der auf dem Niger surfte. Es war ein Wahnsinn. Total geflasht durfte ich auch ein paar Runden drehen und mit der Technik im ersten und zweiten Gang Gas zu geben und dann zu beschleunigen, bekam man ein gutes Tempo drauf. Ich konnte sogar Sprünge machen und es war ein Riesenspaß. Die Einheimischen lachten mit uns und es war eine tolle Stimmung. Natürlich surften wir barfuß und liefen im Sand des Niger im Wasser umher. Ich verdrängte gleich mal den Gedanken an Bilharziose, weil ich sonst nur halb soviel Spaß gehabt hätte.
Die Kubaner erzählten mir später, dass sie als Ärzte in Timbuktu im Krankenhaus arbeiten und ich hatte nur den Gedanken, stell mir andere Ausländer in einen Ort und ich treffe natürlich auf sie!
Von Mopti bis zurück nach Bamako fuhr ich ca. 14 Stunden mit dem Bus, übernachtete dort zwei Nächte und flog dann weiter in den Tschad. Aber das ist eine andere Geschichte.